Sturzflug

  

Meine Wohnung fühlt sich kalt und leer an, ich wohne zwar hier, aber ganz sicher lebe ich derzeit nicht hier. Die Angst das es für immer so bleiben könnte wie ich jetzt bin, so kraftlos, müde und distanziert, diese Angst liegt Nachts neben mir im Bett und schreit mich stundenlang auf mich ein. Andere hören Hörspiele. Ich aber lausche meinen eigenen Gedanken, die mir sagen, dass ich meinen Tag mal wieder erfolgreich verschwendet habe. Schlaflos wach, obwohl mein Körper einschläft. Gedankenkreisen nennt man das, aber, mal ganz ehrlich, der Begriff ist eine beschissene Verarsche. Kreisen ist lautlos, gleichförmig, was richtig Beruhigendes. Was da in meinem Kopf grad passiert, hat damit ungefähr so viel gemein wie Kirmes in Afghanistan. Vielleicht noch weniger. Das sind Sturzfluggedanken, die immer wieder gradlinig nach unten donnern, aufprallen, explodieren, um dann wieder magisch in der Luft zu sein, nur damit sie erneut abstürzen können. Das ist ganz schön abgefahrene Scheiße. Wäre ja alles cool wenn das wenigstens große, existenzielle Gedanken wären. "Was bin ich?" - " Wo komm ich her?" - "Wo geh ich hin?" Sowas in der Art sind sie leider nicht. Das sind völlig beschissene Arschlochgedanken, die mir meine Hirnchemie da zurechtzimmert, so Sachen wie " Warum hast Du heute Deine Wohnung aufgeräumt?" Eigentlich ja ne coole Sache, aufräumen. Gibt´s ja nix zu beschweren. Aber dann denkt mein da was in meinem Kopf sofort hinterher "Warum räumst Du denn nicht öfters auf? Ging doch heute auch?" Keine Ahnung, Es scheint fast so, als suche mein Kopf ganz verzweifelt nach den Dingen, die grad nicht rund laufen. Zwanghaft. Und wer was sucht, der findet das auch. 

In der Welt, draußen vor meinem Fenster strahlt die Sonne, und ich weiß das ich rausgehen sollte, müsste, aber rausgehen, Spaß haben- das ist ein Druck, der mir all meine Kraft entzieht. So sitze ich stumm und lautlos auf meinem Bett und hasse mich dafür, dass es mir schlecht geht. Schon erstaunlich, wie schnell acht Stunden rumgehen können, wenn man damit beschäftigt ist, sich selbst scheiße zu finden. Es ist ein Teufelskreis... ich sollte aufstehen, raus gehen. Kann ich aber nicht! Mein Kopf sagt "Nein, Du kannst das nicht, Du darfst das nicht", und ich sage "Aber das würde mir bestimmt voll gut tun und so" und mein Kopf sagt "Mag ja alles sein, aber ich will das nicht, und dafür darfst Du Dich jetzt doppelt scheiße finden" und das macht ich dann auch. Ich kann es selbst nicht erklären, das ist so ein bisschen Bestrafung dafür, dass man depressiv ist - einfach noch depressiver sein. weil man sich selbst nicht erlaubt, irgendwas dagegen zu unternehmen.


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